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Prämissencontrolling

In jeder Strategiedefinition werden Annahmen getroffen, auf welchen die Entwicklung der Strategie beruhen. Eine solche sogenannte Prämisse kann der technologische Fortschritt wie zum Beispiel die voranschreitende Digitalisierung sein. Weitere sind ein gewisses Kundenverhalten im Sinne einer erhöhten Servicenachfrage, die Konjunkturentwicklung oder bestimmte Erwartungen bezüglich des Marktwachstums.

Die Aufgaben des Prämissencontrolling sind:

Mit dem Prämissencontrolling wird ein Frühwarnsystem implementiert, welches mögliche Abweichungen erkennt, um rechtzeitig Gegensteuer zu geben.  

  • Das frühzeitige Erkennen von externen Entwicklungen, die von den Annahmen bzw. Prämissen abweichen
  • Die Beurteilung der Folgen für die Strategieumsetzung sowohl qualitativ (bspw. Paradigmenwechsel im Kundenverhalten führt zu Nachfrageverschiebungen auf Distributionskanälen) als auch quantitativ (Einfluss auf Zielumsätze, Kostenpositionen und Marktanteile)
  • Das Einleiten von Korrekturmassnahmen zur Anpassung der Strategie an neue Rahmenbedingungen

Erstellen eines Prämissencontrolling:

1.       Erarbeiten der Prämissen

Als erstes stellen wir diejenigen Annahmen / Prämissen zusammen, die für die zukünftige Entwicklung des Unternehmens eine Rolle spielen. Wir ordnen diese Prämissen wir folgt zu:

  • Umfeld:
    • Gesellschaft, Natur, Technologie und Wirtschaft
  • Anspruchsgruppen (Stakeholder):
    • Kunden, Mitarbeiter, Lieferanten, Kapitalgeber, Wettbewerb, Öffentlichkeit, Staat

Wir haben dazu eine Liste von Themen zusammengestellt. Es ist die gleiche Liste, aus denen wir auch die wesentlichen Trends für die SWOT zusammenstellen:


Abbildung 1: Themen aus Umfeld und Stakeholdern

Wirtschaftliches Umfeld:   

  • Globale Entwicklung / Wirtschaftliche Entwicklung einzelner Regionen bzw. nationaler Wirtschaften
  • Schwankungen internationaler Devisen und der Zinsen / Inflationsrate
    Anstieg / Abnahme länderspezifischer Risiken
  • Zölle und Tarife / Internationale Handelsschranken
  • Wirtschaftliche Integration, z. B. Eurozone

Technologische Entwicklungen

  • Entwicklung von Schlüsseltechnologien
  • Digitalisierung / Internet der Dinge
  • Neue Technologien als Instrument der Rationalisierung   
  • Substitutionstechnologien / Disruptionen

Ökologisches Umfeld:

  • Verwendung von Roh- und Hilfsstoffen / Recycling
  • Nachhaltigkeit / Energieverbrauch
  • Umweltfreundliche Betriebsprozesse
  • Abwasser- und Abluftreinigung / Wärmerückgewinnung

Politik:

  • Regierungsform / Stabilität / Rechtssicherheit
  • Auslandsinvestitionsrecht / Steuer- und Abschreibungsrecht
  • Transfer von Kapital / Kreditkonditionen
  • Parteipolitische Entwicklung / Möglichkeit lobbyistischer Einflussnahme
  • Aussenpolitische Entwicklung, Konflikte, Kriege
  • Steigende Regierungsinterventionen in die Wirtschaft

Rechtliche Entwicklung:  

  • Gesetzesänderungen / Änderungen in der behördlichen Zuständigkeit
  • Arbeitsrecht / Verbraucherschutz
  • Wettbewerbsbeschränkungen

Demografische Entwicklung:

  • Bevölkerung / Bevölkerungsstruktur / Altersstruktur
  • Anzahl an Haushalten / Verbrauchern / Grösse und Struktur der Haushalte (Single-, Mehrpersonenhaushalt)
  • Bildungsgrad      
  • Städtische / ländliche Bevölkerung    

Soziale Entwicklung:

  • Freizeitgewohnheiten / Wertewandel / Verbrauchsgewohnheiten
  • Sicherheitsbedingungen / Risikotoleranz
  • Qualifikationsniveau und Bildungsentwicklung
  • Soziale Mobilität
  • Einkommensverteilung / Struktur der Haushaltsausgaben

Kunden:         

  • Marktentwicklung / Marktanteil
  • Zielgruppen / Marktsegmente
  • Vertriebskanäle pro Produkt / Produktgruppe / Händler und andere Kundenmittler
  • Kundenprobleme und -bedürfnisse (inkl. Lösungen) und Nachfrageverhalten
  • Veränderungen von Wertenormen und Einstellungen des Kunden
  • Kundensensibilität bezüglich Preis- und Bedingungsänderungen

Lieferanten:    

  • Lagerbestände und Versorgung mit den wichtigsten Erzeugnissen
  • Lagerbestände und Versorgung mit Betriebs- und Hilfsstoffen
  • Optionen für die Substitution von Roh-, Betriebs- und Hilfsstoffen
  • Allgemeine Entwicklungen des Beschaffungsmarkts
  • Entwicklung von Transportpreisen und Kosten der Lieferkette
  • Abhängigkeit von Lieferanten

Arbeitnehmer:

  • Rekrutierungskosten und Herausforderungen / Gehaltsniveau und Trends
  • Entwicklung der gesetzlichen Leistungen
  • Gewerkschaftsaktivitäten und -forderungen
  • Reduzierung und Flexibilität von Arbeitszeiten
  • Bildung und Fachkräfte

Investoren / Kapitalgeber:

  • Quellen der Kapitalaufnahme
  • Vorschriften bezüglich Kapitalbeschaffung und -transfers
  • Devisenkursen und Zinsentwicklung            

Öffentliche Einrichtungen:

  • Gesetzgeber
  • Regierungsbehörden
  • Lokale Behörden
  • Gewerkschaften

Medien / NGOs:

  • Öffentliche Agenda und Interessen – z. B. Menschenrechte, / Klimawandel
  • Gemeinsame Interessen

Konkurrenten / Wettbewerber / Mitbewerber:

  • Existierende Mitbewerber (nach Produktgruppe / Marktsegment)
  • Potenzielle neue Mitbewerber – gleiche Branche / andere Branche
  • Markteintrittsbarrieren (Normen, Gesetze, etc.)
  • Grad an Rationalisierung / Verwendung neuer Technologien bzw. Güter
  • Innovationskapazität und Flexibilität  

Aus dieser Liste wählen wir die Trends aus und bewerten diese mit einer Relevanz: Wie wichtig ist dieser Trend für unser Unternehmen? Eine kurze Beschreibung hilft später, zu verstehen, was genau gemeint ist.

Abbildung 2: Trends gewichten mit Relevanz

Hinweis:

Auch hier gilt die Regel plus/minus sieben. Beschränken Sie sich auf eine Seite, und wenn Sie etwas grösser schreiben, ist diese mit 10 Trends voll. Wir wollen uns auf eine Anzahl beschränken, die überschaubar und damit auch kontrollierbar ist. Die Kunst der Auswahl besteht darin, die wesentlichen Trends zu ermitteln, welche den Hauptanteil der möglichen Veränderungen ausmachen. Es geht darum, diejenigen Einflussgrössen auszuwählen, welche aus heutiger Sicht die signifikanten Treiber für die zukünftige Entwicklung der Umfelder, Märkte, Produkte, Kunden und Lieferanten sind.

2.      Messgrössen und Annahmen

Jetzt bilden wir die Prämissen und legen dazu Messgrössen fest – wie soll gemessen bzw. beurteilt werden – und versehen diese mit Annahmen für die Planungszeitraum. Der Zeithorizont beträgt hier je nach Branche oder Prämisse drei bis fünf Jahre, manchmal sogar weniger. Ein Beispiel aus einem unserer Projekte sieht so aus:


Abbildung 3: Messgrössen festlegen und Annahmen treffen

3.      Präzisierung, Methode und Instrument für das Controlling

Mit der Verfeinerung der Vorlagen und Beschreibung des Vorgehens bereiten wir das Controlling vor. Dazu geben wir Ihnen ein paar Hinweise, die Sie nach Bedarf ausfüllen und festlegen.

Datenerhebung

  • Wir werden die Daten gesammelt – wer ist dafür verantwortlich
  • Was sind die Datenquellen und wie soll das Datenformat sein
  • Wie oft werden die Daten erhoben

Datenanalyse

  • Beschrieb «was passiert, wenn die erwarteten Werte nicht eintreffen» – betrifft es das ganze Unternehmen oder nur ein Geschäftsfeld

4.      Controlling der Prämissen / Frühwarnsystem

Periodisch wird für alle Prämissen der aktuelle Zustand erfasst und bezüglich der Strategie bewertet. Dabei wird auch überprüft, ob neue oder andere externe Einflüsse bzw. Ereignisse auf die Strategieumsetzung wirken.

Daraus ergeben sich Fragestellungen wie:

  • Haben sich die Konjunkturdaten erwartungsgemäss entwickelt?
  • Ist die technologische Entwicklung für die Substitution so weit gediehen, dass die neuen Basistechnologien eingesetzt werden können?
  • Sind die Bedingungen für den Markteintritt in China nach wie vor gut?
  • Entwickeln sich das Kundenverhalten und die Nachfrage nach der neuen Service-Dienstleistung entsprechend der Annahme aus dem Strategieprozess?
  • Wie weit ist der Hauptwettbewerber mit der innovativen Produktentwicklung? Sind wir immer noch eine Nasenlänge voraus

Abbildung 4: Periodische Bewertung der Entwicklungen

Vom Prämissencontrolling zum Frühwarnsystem

Es kann durchaus sein, dass gewisse Annahmen sich seit der letzten Verabschiedung der Strategie überholt haben, oder dass neue Bedingungen entstanden sind, welche für die Strategieumsetzung relevant sind.

Der 360°-Radar dient dazu, die Entwicklungen rund um das Unternehmen, aber auch innerhalb desselben umfassend im Auge zu behalten. Die Prozessverantwortung für diese Aufgabe trägt die Unternehmensentwicklung oder die Abteilung, die wir als strategische Planung bezeichnen. Damit alle relevanten Fakten erfasst und berücksichtigt werden, muss allerdings das ganze Unternehmen eingebunden werden. Dies kann z. B. dadurch erfolgen, dass vom Vertrieb systematisch Meldungen, die den Markt betreffen, abgefragt oder geliefert werden. Eine monatliche Feedbackrunde dient als Instrument, um den Informationsfluss aus dem Markt am Laufen zu halten. So schaltet etwa ein Unternehmen jeden Montag eine offene Telefonkonferenz. Eine Stunde lang können Vertriebsmitarbeiter ihre News mitteilen . Das Vorgehen ist so organisiert, dass jeder dazukommt, wenn und sobald er kann. Es gibt keine Tagesordnung und keine Gesprächsführung. Informationen werden wie in einer informellen Kaffeepause weitergegeben. Nach einiger Zeit hat das dazu geführt, dass die Mitarbeiter geradezu darauf brennen, diese «Sitzung» nicht zu verpassen, da hier die wichtigsten Neuigkeiten ausgetauscht werden.

Strategisch relevante Informationen werden systematisch erfasst und weiterverfolgt, um eventuell notwendige Anpassungen vorzunehmen oder Massnahmen aufzugleisen.


Abbildung 5: Beobachten von unerwarteten Ereignissen

Eine systematische Markt-, Konkurrenz- und Kundenforschung ist Teil dieses Prozesses. Zudem können auch technologische Themen und Neuigkeiten aus dem Umfeld des Innovationsmanagements einbezogen werden.

Die Erfassung, Filterung und Verwertung der Informationen ist dann Sache der Strategieplanungsabteilung. Bei Ereignissen, die unmittelbar eine Reaktion erfordern, wird das Frühwarnsystem eingeschaltet (siehe unten); weitere Fakten werden aufgenommen und fliessen in das strategische Review-Meeting ein.

5.      Erarbeiten von Korrekturmassnahmen

Wenn für die Strategie relevante Abweichungen erkannt wurden, sind die Auswirkungen auf die Strategie einzuschätzen und der Handlungsbedarf zu evaluieren. Dasselbe gilt für neue Einflussfaktoren, welche in diesen Beurteilungs- und Bewertungsschritten identifiziert und analysiert worden sind.


Abbildung 6: Erfassen von Korrekturmassnahmen

Die Abweichung wird pro Prämisse und die neuen Einflussfaktoren  mit Handlungsbedarf werden dokumentiert, bewertet und Vorschläge zu Korrekturmassnahmen erarbeitet.

Diese Arbeiten werden periodisch, z.B. alle drei Monate oder ein Mal im Jahr durchgeführt. Damit wird sichergestellt, dass die Strategieumsetzung immer auf relevanten Annahmen basiert und neue Einflussgrössen rechtzeitig erkannt wurden.

Grundsätzliche Bemerkung

Die wachsende Komplexität und Ungewissheit von Markt- und Branchenentwicklungen stellt das strategische Controlling vor neue Herausforderungen. Die Fokussierung auf eine detaillierte Situationsanalyse sowie hochstehende Vorschaumethoden ist nur ein Teil der Arbeit. Mittels sogenannten Zukunftsszenarien wird nicht abgebildet, was sein wird, sondern, was sein könnte. Dabei ist es nicht das Ziel, möglichst genau eine Zukunft vorauszusagen, sondern mit dem gezielten Erkennen von externen Treibern und Einflussgrössen diejenigen Szenarien zu bilden, welche für die Strategieumsetzung entscheidend sind. Mittels neuer Szenariotechniken lassen sich ausgezeichnete Frühwarnsysteme entwickeln und zielgerichtet einführen. Zudem werden die Führungskräfte und Mitarbeiter sensibilisiert, auf wichtige Trends und externe Einflüsse zu achten, und so eine zusätzliche „Sensorik“-Funktion für Umweltveränderungen wahrzunehmen.  


Wir haben für Sie hier eine Vorlage Power-Point vorbereitet, die Sie herunterladen können:

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